Gustav René Hocke: „An Leopold Ziegler“

Sehr verehrter Herr Ziegler,
erlauben Sie mir, Ihnen meine herzliche Bewunderung zu sagen für das großartige Werk, für „Menschwerdung“, das mir ganz persönlich die erste wirklich befreiende Synthese seit dem Tode Bergsons und Schelers gibt.

Mir scheint, mit diesem Werk werde erst der entscheidende Schritt ins 20. Jahrhundert gemacht. Alle Subtilitäten und alle großen Ideologien des 19. Jahrhunderts erscheinen mir jetzt erst endgültig ins Historische abzusinken, allerdings in jene Bezirke des Historischen, die nicht mehr zur „Tradition intégrale“ gehören.

Für einen Christen, für einen Katholiken wie ich es zu sein versuche, immer wieder, trotz eigenen Versagens und trotz allen infernalischen Lärmes von draußen, gibt ihr Werk die Möglichkeit, sich in wunderbarer Weise vom Subjektiven wieder in einer leuchtenden Welt des Seins zu verlieren und verjüngt wiederzufinden,
Ihr Werk, verzeihen Sie, wenn ich etwas pathetisch werde, wird sicher stärker das Gesicht unseres Jahrhunderts prägen, als die Werke Spenglers und Toynbees.

In dankbarer Verehrung Ihr G. R. Hocke
28. Juni 1948